Schon geerbt? – Irrtümer und Überraschungen
Erbrecht aktuell
Von Rechtsanwalt Dr. Eckhard Höckelmann, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht Osnabrück
„In dieser Welt gibt es nichts Sichereres als den Tod und die Steuern“, stellte Benjamin Franklin bereits vor über 200 Jahren fest. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Trotzdem wird in einen Autokauf in der Regel mehr Zeit investiert als in die Nachfolgeplanung. Die meisten verdrängen und verschleppen das Thema jahrelang, bis es dann plötzlich zu spät ist und mit dem Tod die in vielen Fällen unerwünschte gesetzliche Erbfolge eintritt. Begleitet wird dieser Verdrängungsprozess von Missverständnissen und Irrtümern über die gesetzlichen und steuerlichen Regelungen. Die bevorstehenden Reformen des Erbrechts und des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts werden gravierende Folgen haben, die Anlass sein sollten, sich mit dem Thema auseinandersetzen.
„Meine Ehefrau erbt alles!“
In Vorträgen zum Erben und Vererben stelle ich regelmäßig die Frage nach der gesetzlichen Erbfolge eines verheirateten Familienvaters mit zwei Kindern. Die meisten vermuten, die Ehefrau erbe alles. Das stimmt jedoch nicht. Richtig ist, dass die Witwe und alle Kinder des Erblassers eine Erbengemeinschaft bilden, die leider nicht selten die Plattform für eine streitige Auseinandersetzung ist. Sind die Kinder minderjährig, können Sie eine Immobilie oder eine Arztpraxis wegen langwieriger Genehmigungsverfahren vor dem Vormundschaftsgericht nicht schnell veräußern.
„Meine Ex-Frau erbt nichts!“
Diese weit verbreitete Ansicht entspricht zwar der gesetzlichen Erbfolge. Dies bedeutet aber nicht, dass das Vermögen des Erblassers letztlich nicht doch der geschiedenen Ehefrau zufließt. Erbt nach dem Erblasser das gemeinsame Kind und verstirbt dieses kinderlos vor der Mutter, kann sich die Ex-Frau am Nachlass erfreuen. Das können Sie nur mit einem Testament vermeiden.
Nach dem Gesetzentwurf werden Pflegeleistungen, die gegenüber dem Erblasser erbracht worden sind, künftig auch dann berücksichtigt, wenn der Erblasser stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Wert der erbrachten Pflegeleistungen steht dem fürsorglichen Abkömmling als Ausgleichsbetrag zu. Nach zurzeit noch geltender Rechtslage kann ein Ausgleich nur dann verlangt werden, wenn der Abkömmling infolge seiner Pflegetätigkeit auf ein berufliches Einkommen verzichten musste.
Anrechnungen von Zuwendungen
auf den Pflichtteil
Immer wieder lese ich in Testamenten, dass ein Kind bereits zu Lebzeiten eine Zuwendung erhalten hat und diese Zuwendung auf den Pflichtteil des – letztlich enterbten – Kindes anzurechnen sei. Nach bisheriger Rechtslage sind derartige Bestimmungen für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs jedoch ohne Bedeutung. Denn das Gesetz verlangt, dass diese Anrechnungsbestimmung im Zeitpunkt der Zuwendung erfolgen muss. Nach dem Gesetzentwurf soll jedoch eine nachträgliche Anrechnungsbestimmung durch Verfügung von Todes wegen möglich sein. Diese Möglichkeit sollte bereits jetzt in Testamenten berücksichtigt werden.
Pflichtteil und Erbschaftsteuer –
abwarten kann sich lohnen
Wer als Abkömmling einen Pflichtteilsanspruch hat, der den aktuellen Steuerfreibetrag von 205.000 EUR übersteigt, sollte mit der Geltendmachung des Anspruchs warten, bis das neue Erbschaftsteuerrecht in Kraft getreten ist. Bei einem Anspruch in Höhe von 400.000 EUR muss ein enterbtes Kind nach geltendem Recht 21.450 EUR Steuern zahlen, nach Inkrafttreten des neuen Recht entsteht keine Steuer mehr. Ob altes oder neues Recht gilt, hängt nicht von dem Todeszeitpunkt ab, sondern von dem Zeitpunkt des Zahlungsverlangens. Aber Vorsicht: Pflichtteilsansprüche verjähren nach 3 Jahren.
Erbschaftsteuerreform –
Last Call
Setzt der Erblasser Bruder/Schwester, Nichte/Neffen oder Schwiegersohn/Schwiegertochter als Erben ein, so haben diese nach der beabsichtigten Erbschaftsteuerreform nach Abzug eines Freibetrages in Höhe von 20.000 EUR Erbschaftsteuer in Höhe von mindestens 30% des Nachlasses zu zahlen. Dies können Sie zurzeit noch vermeiden durch Zuwendungen im Rahmen vorweggenommener Erbfolge. Bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes – voraussichtlich im Juli 2008 – bleibt jetzt nur noch wenig Zeit. Handeln Sie schnell!
… kann aufgrund einer ertragsteuerlichen Nachversteuerung zum Verzehr des Nachlasses oder dessen Überschuldung führen. Was in solchen Fällen zu tun ist, kann Ihnen nur ein Fachmann raten.